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AutorenbildMonica Camuglia

Konflikt als Sprungbrett zu persönlichem Wachstum

Aktualisiert: 20. Jan. 2023

Emotionalität sei zu vermeiden, heisst es. Gefühle sind jedoch da, sie werden einfach nur unter- drückt! Was wir wirklich vermeiden sollten, ist die «Faust im Sack» - denn die wird früher oder später ex- oder implodieren.


«Die Faust im Sack» oder «die Wut hinunterschlucken» sind Redewendun­gen für schwierige und wichtige Situa­tionen, in denen wir nicht für uns selbst einstehen. Das tun wir in der Regel dann, wenn wir Angst haben, etwas zu verlieren. Wir möchten unseren guten Ruf oder die Sympathie des anderen nicht aufs Spiel setzen und passen uns an. Allgemein geläufig wird dies als so­ziale Kompetenz bezeichnet, was auch nicht grundlegend falsch ist. Aber auf­gepasst, es könnte eine Falle sein. Oft merken wir nicht, dass sich in unserem geheimnisvollen Innenleben ein klei­ner Knoten bildet, der sich unmerklich destruktiv einmischt, wenn wir in eine ähnliche Situation geraten.

Konflikte haben biologische Ursachen. Mögliche Konsequenzen der «Faust im Sack» sind Blockaden in zwischen­ menschlichen Beziehungen und mehr oder weniger verschwiegene Vorurtei­le gegenüber Mitarbeitern, Kollegen und Vorgesetzten. Daraus resultierend spriessen Phänomene wie falsche Argumente als Vorwand, endlose Pa­laver um den heissen Brei, Ineffizienz in Prozessen, Einbussen in den Leistun­gen, miese Stimmungen und letztlich oft lästige Stresssymptome al­ler Schattierungen bei einigen Konfliktbeteilig-ten. Der Versuch, den Konflikt sachlich zu beseitigen, kann scheitern, weil der sachliche Konflikt aus einer in­terpersonalen Konstellation heraus un­vermeidlich entsteht. Deshalb sollten die interpersonalen Ursachen eines Konfliktes ins Scheinwerfer­licht gerückt werden. Denn sie entste­hen aufgrund unserer biologischen Voraussetzungen, sind unvermeidbar und wiederholen sich so lange, bis wir die Mechanismen erkennen und verstehen.

Die kognitiv-biologische Ursache einfach erklärt. Zu Beginn eines Prozesses vom Input (Wahrnehmung) zum Output (Reaktion) werden über unsere Sinne Daten aufgenommen, so ähn­lich wie mit einer Multimedia­-Kamera. Nur ein bestimmtes, individuelles Set dieser Daten schafft es ins Bewusstsein, die anderen verschwinden ins Unbe­wusste oder werden über Bord geworfen. Dann folgen die Validierung, der Vergleich mit früheren Erfahrun­gen und eine Logik, wobei die Reihen­folge je nach Typ variiert. Tatsache ist, dass ein ungutes Gefühl über etwas oder eine negative Haltung zu einer Sache für das Individuum eben­ so harte Fakten sind wie eine Zahl in einer Bilanz. Deshalb ist nicht alles, was sachlich richtig scheint für die Sache auch gut! Mit dieser Kenntnis haben wir die Möglichkeit, gezielte Veränderungen herbeizuführen. Und zuletzt braucht es die Gabe der Vorstellung und Voraussicht, um für alle Beteiligten eine Einigung her­ bei zu führen. Die Maxime des Erfolgs ist der Konsens, im Notfall tut es auch der Kompromiss. Oft rate ich meinen Klienten, den Konflikt ohne Einbezug anderer Beteiligten zu lösen. Denn manchmal ist dieser Weg in der Tat ef­fizienter und erfolgsversprechender. Denn wenn sich das eine Verhalten än­dert, dann wird sich auch das andere verändern. Leider, oder aber auch zum Glück, gibt es für Konfliktlösung inter­personaler Art kein universelles Re­zept, jedenfalls keines, das uns bezüg­lich Herz­ und Hirn sicher und fehlerlos navigieren könnte. Es kommt immer auf die Situation an. Hingegen verfügen wir alle über das Geschenk des «gesunden Menschenverstandes» und tief in uns gibt es ein inneres Streben nach Gleich­gewicht. Dieses Streben, unterstützt durch Wissen und Erfahrung, wirkt oft tief und nachhaltig.

Der Konflikt als Sprungbrett in eine neue Zeit. Statt destruktive interper­sonale Dynamiken im Anfangsstadium zu unterdrücken, sollten wir in der La­ge sein, sie als Teil des Lebens, insbeson­dere der Interaktion zu akzeptieren und mit ihnen zielführend zu arbeiten. Kon­flikte tun weh, weil wir uns nicht ver­standen oder nicht wertgeschätzt fühlen, weil wir uns persönlich in Frage gestellt sehen oder weil wir uns benachteiligt vorkommen. Ein differenziertes Be­wusstsein für die Unterschiedlichkeit der Individuen, erweitert durch Erfah­rung und Wissen, und gesundem Men­schenverstand sind ein starkes Paket, durch welches wir eine konstruktive Konfliktkultur im Team, in der Abtei­lung und in der Organisation entfalten können und damit der Kultur des Un­ternehmens einen zukunftsorientierten Anstrich geben. So unangenehm sie manchmal sind, aus dieser Perspektive gesehen werden aus Stolpersteinen plötzlich Sprungbretter hin zu mehr persönlicher Zufrieden­heit, hin zu mehr gemeinsamem Erfolg und hin zu neuzeitlichen, konfliktfähi­gen Gemeinschaften.

Monica Camuglia, 18.01.20

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